… was wir brauchen, ist Inklusion.
Julia Dammelhart, Pädagogin für Kinder und Jugendliche im Autismus-Spektrum, sagt : “Inklusion hat nicht nur mit Haltung zu tun, sondern auch mit einem realistischen Abbild der Gesellschaft (zumindest so, wie sie sein sollte). So wie auch ein Mann 2023 bei der Kindererziehung nicht mehr nur “mithelfen” sollte, so sollte auch Inklusion im Schulbereich kein nett engagierter Versuch mehr sein.”Inklusion in ihrer Idealform bedeutet, dass jeder Mensch am gesellschaftlichen Leben ohne Barrieren teilhaben kann. Schule, Arbeit, soziale Kontakte, medizinische Versorgung, Kultur – dazu zählen alle Lebensbereiche. Egal, welche Sprache man spricht oder ob man eine Behinderung hat.
Wie so ein Teilhabe auf Augenhöhe funktionieren kann, zeigt das Online-Medium andererseits. Bei anderseits arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung gleichberechtigt zusammen. Ich freue ich, dass die andererseits-Redakteurin Franziska Bock ihre persönliche Sicht auf Inklusion zu unserem Newsletter beisteuern wollte:
Franziska Bock lebt mit der sicht- und hörbaren Behinderung Möbius-Syndrom. Eines der größten Probleme in ihrem Alltag ist, dass Personen ihr aufgrund des ersten Eindrucks automatisch Fähigkeiten absprechen:
“Weil Möbius-Betroffene anders aussehen, werden wir oft schnell abgestempelt und in eine Schublade gesteckt. Viele vermuten etwa, dass ich aufgrund meiner körperlichen Behinderung auch eine intellektuelle Einschränkung habe. Zu Beginn meines Psychologie-Studiums, das ich mittlerweile abgebrochen und meinen Studiengang gewechselt habe, musste ich an verschiedenen psychologischen Experimenten teilnehmen, um sogenannte Versuchspersonenstunden zu sammeln. Bei einem dieser Experimente wurde unter anderem die Ausdrucks- und Sprachfähigkeit getestet. Die Versuchsleiterin signalisierte mir von der ersten Sekunde an, dass sie mir die Aufgaben nicht zutraute. Zum einen schaute sie mich mit einem derart skeptischen Blick an, zum anderen sagte sie mir ins Gesicht, dass das mit dem Verstehen bei mir ja schwierig werden wird. (…)
Riskiert man einen zweiten Blick hinter die Fassade oder bleibt es beim ersten, oberflächlichen Eindruck? Denn wenn es beim ersten Blick bleibt, kann jemand wie ich seine Stärken und positiven Seiten nicht immer in der Form zeigen und nach außen tragen. Ich finde es selbst überhaupt nicht schlimm, manchmal auch verschiedene und uneindeutige Empfindungen zu haben. Generell wünsche ich mir, dass andere Menschen nicht nur meine Behinderung sehen und mich nur danach einschätzen und bewerten. Gleichzeitig sollen sie diese aber auch nicht vergessen und ignorieren. Deswegen lohnt sich für mich definitiv ein zweiter Blick und nach Möglichkeit ein offenes Gespräch.”
Die Sichtweise ihres Kollegen Nikolai Prödohl und viele weitere Recherchen findest du auf andererseits.org.